News
Übertragbarkeit von beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen – Was bedeutet das für die Praxis der Grundstückssicherung?

Sehr geehrte Damen und Herren,

das im Rahmen der Flächensicherung für Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie („EEA“) übliche Sicherungsinstrument der beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten, welches die vertragliche Sicherung von Grundnutzungsrechten flankiert, diente nach bisheriger Rechtslage der berechtigten, im Grundbuch eingetragenen Person. Ihrer Bezeichnung entsprechend sind beschränkte persönliche Dienstbarkeiten grundsätzlich nicht auf Dritte übertragbar (§1092 Abs. 1 Satz 1 BGB). Eine Ausnahme galt bisher lediglich für reine Leitungsrechte (§ 1092 Abs. 3 BGB a.F.). In der Praxis hat sich daher ein Sicherungssystem etabliert, in dem neben der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit des Betreibenden der EEA und/oder deren Infrastruktur eine oder mehrere Vormerkungen in das Grundbuch eingetragen werden, die einen Anspruch auf Bestellung weiterer Dienstbarkeiten zugunsten der finanzierenden Bank (Sicherungsfall) oder einer Rechtsnachfolgerin (Asset Deal) sichern.

Mit Inkrafttreten des „Gesetzes zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für Erneuerbare-Energien-Anlagen“ zum 17.10.2024 wurde der gesetzliche Katalog der Fälle erweitert, in denen eine Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten möglich ist. Nach § 1092 Abs. 3 BGB sind nun insbesondere auch Dienstbarkeiten übertragbar, die zugunsten einer juristischen Person oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft bestellt wurden und die dazu berechtigen, ein Grundstück für Anlagen zur Nutzung von Wasserkraft, Windenergie, solarer Strahlungsenergie, Geothermie, Umweltwärme oder Energie aus Biomasse zu nutzen. Die Änderung dient nach der Gesetzesbegründung der Vereinfachung der dinglichen Sicherung dieser Anlagennutzungsrechte. Der Grundstückseigentümer muss am Übertragungsprozess – anders als bislang im Falle einer Neubestellung – nicht beteiligt werden. Die Neuregelung ist auf beschränkt persönliche Dienstbarkeiten anwendbar, die nach dem 17.10.2024 bewilligt wurden.

Die Erweiterung des § 1092 BGB ist angesichts teils komplexer Sicherungsgestaltungen und oftmals aufwendigen Verhandlungen grundsätzlich zu begrüßen. Die Umsetzung der Neuregelung wirft allerdings praxisrelevante Fragen auf, die es zu berücksichtigen gilt und die wir auszugsweise beleuchten möchten:

  • Der Umfang der übertragbaren Rechteinhalte erfasst nach dem Wortlaut des § 1092 Abs. 3 BGB nicht sämtliche im Zusammenhang mit EEA benötigten Flächennutzungen. Zumindest ist der Umfang des Begriffs der „Anlage“ im Sinne der gesetzlichen Regelung nicht abschließend geklärt.Aus dem Gesetzeswortlaut ist etwa nicht ersichtlich, ob neben dem Anlagenstandort auch erforderliche Nebennutzungen wie Zufahrtswege, Kranstellflächen und Rotor- und Abstandsflächen für Windenergieanlagen vom Anlagenbegriff erfasst sind. Nach entsprechenden Stellungnahmen der Bundesregierung im Gesetzgebungsprozess soll der Begriff offenbar entsprechend weit ausgelegt werden. Mangels entsprechender Konkretisierung dürften jedoch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, Batteriespeicher sowie eine Pflicht zur Unterlassung von Beeinträchtigungen von der Ausnahmeregelung des § 1092 Abs. 3 BGB nicht umfasst sein. Vorsorglich bietet es sich unseres Erachtens daher an, solche Inhalte in gesonderten Dienstbarkeiten zu bestellen und diese wie bisher mit Vormerkungen zu flankieren.
  • Aufgrund der Neuregelung wird unter anderem der Eintritt des neuen Berechtigten in die mit der Dienstbarkeit verbundenen Rechte und Verpflichtungen gegenüber dem Grundstückseigentümer für Übertragungsfälle angeordnet (§§ 1092 Abs. 3, 1059c BGB). Im Kontext der Neuregelung ist aber unklar, ob die Verweisung zu einem Übergang lediglich der Regelungen zur Dienstbarkeitsbestellung oder des gesamten Nutzungsvertrages führen soll. Letzteres wäre unseres Erachtens wohl schwer zu rechtfertigen und aus Eigentümersicht bedenklich.
  • Die Übertragbarkeit der Dienstbarkeit soll mit dinglicher Wirkung durch eine im Grundbuch zu vermerkende Vereinbarung abbedungen werden können. Nach unseren Erfahrungen fordern  Grundstückseigentümer bereits seit Bekanntwerden der gesetzgeberischen Änderungsbestrebungen eine entsprechende Vereinbarung zum Ausschluss der Übertragbarkeit der Dienstbarkeit, da befürchtet wird, während der Projektlaufzeit mit einem beliebigen neuen Betreiber konfrontiert zu werden. Ob und inwiefern teilweise Einschränkungen der Übertragbarkeit möglich sein werden, etwa eine Reduzierung auf Übertragbarkeit an die finanzierende Bank, ist ebenfalls ungeklärt.
  • Wie der Bankensektor im Rahmen der Finanzierung von EEA auf die Neuregelung reagieren wird und, ob die Finanzierenden den Systemwechsel begrüßen und umsetzen, wird die Zukunft zeigen.

Aufgrund der vielen Unklarheiten bis hin zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber der Neuregelung bleibt eine Klärung durch den Gesetzgeber und/oder die Rechtsprechung abzuwarten. Gleichermaßen sind die Neuregelungen und etwaige Umsetzungen im Rahmen der Finanzierung im konkreten Einzelfall mit der „Bank“ zu besprechen. Für den Moment erscheint  ein Festhalten am bisherigen dinglichen Sicherungssystem – jedenfalls an der Beibehaltung einer ergänzenden Vormerkung zur Absicherung der Bank – zunächst vorzugswürdig gegenüber einer radikalen und momentan unsicheren Umstellung der Sicherungspraxis.

Kommen Sie gern jederzeit bei Fragen auf uns zu! Selbstverständlich unterstützen wir Sie auch gerne bei der Umsetzung bisheriger und neuer Sicherungskonzepte.

Mit freundlichen Grüßen

SATELL Rechtsanwälte Steuerberater

Satell